Fachgebiet Paläontologie

 

Paläontologie verbindet Erd- und Biowissenschaften und vermittelt wie kein anderes Fachgebiet Erkenntnisse über langfristige Klimaveränderungen und deren Ursachen, den Wandel von Landschaften und Ökosystemen, und die evolutionären Strategien vieler Arten. Baden-Württemberg gehört paläontologisch zu den bestuntersuchten Regionen der Welt und bietet viele spannende Projekte. Das Naturkundemuseum bildet dabei die Basis – über 4 Millionen Objekte aus der Erdgeschichte warten auf Untersuchung.

 

Krokodilverwandter Batrachotomus aus Kupferzell (240 Mio. Jahre alt)
Krokodilverwandter Batrachotomus aus Kupferzell (240 Mio. Jahre alt)

Kontakt

Fachgebiet Paläontologie (190 r)


Prof. Dr. Rainer Schoch

E-mail: rainer.schoch@smns-bw.de

Sitz und Anschrift:
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Rosenstein 1, D-70191 Stuttgart

TEL 0711 8936 143


Aktuelle Themen

Neue Forschungsgruppe DFG 5581

Evolution of life histories in early tetrapods

Eine neue Forschungsgruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde im März 2024 bewilligt. Sie umfasst 6 Projekte, 10 promovierte Forschende und mehrere Doktorandenstellen. Diese werden in Kürze ausgeschrieben.

Sitz der Forschungsgruppe ist das Fachgebiet Paläontologie an der Universität Hohenheim und dem Naturkundemuseum.

Sprecher: Prof. Dr. Rainer Schoch

Beteiligte Institutionen: Universität Hohenheim, Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Universität Mainz, Universität Bonn, Museum für Naturkunde Berlin. 

Die ersten Wirbeltiere, die das Land besiedelten, lebten vor rund 360 Mio. Jahren. Zahlreiche Fossilfunde haben in den letzten Jahrzehnten unser Bild dieses „Landgangs“ vervollständigt. Allerdings konzentrierte sich die Forschung bisher auf wenige, meist erwachsene Skelette. In unserer Forschungsgruppe nehmen wir eine neue Perspektive ein: Wir untersuchen den gesamten Lebenszyklus dieser Arten, vom Schlüpfen aus dem Ei über die Larvalzeit und Metamorphose bis zum erwachsenen Tier. Dies wird möglich durch die Analyse von Feinstrukturen in den fossilen Knochen, die viele Lebensdaten liefern. Mit diesem Knochenarchiv lassen sich Fragen beantworten, die lange außer Reichweite geblieben waren.

Das Ziel unserer Projekte ist das Verständnis von Life Histories (Lebensgeschichten), also der Zusamenhang zwischen Körpergröße, Entwicklungsrate, Geschlechtsreife, Nachkommenzahl und Lebensspanne einer Art, die alle durch die natürliche Auslese gesteuert werden. Unsere Forschung beleuchtet die evolutionären Strategien, welche die Vielfalt heutiger Lebenszyklen etwa bei Fröschen, Echsen, Vögeln und Säugetieren hervorgebracht haben. 

FOR 5581 umfasst sechs Projekte, welche die Evolution von Lebensgeschichten früher Landwirbeltiere aus verschiedenen Perspektiven beleuchten soll. Sie integrieren erstmals Anatomie, Mikroanatomie, Knochenhistologie, Phylogenie, Funktions-morphologie und Physiologie. Das Ziel ist, diese Daten in einem umfassenden evolutionären Szenario zusammen zu beleuchten. 

Neue Forschungsergebnisse

240 Mio. Jahre alte Brückenechse

Grabungen bei Vellberg in Nordwürttemberg haben Skelettreste vieler verschiedener Reptilien geliefert, darunter die älteste Schildkröte Pappochelys. Aus dieser Fundstelle stammt nun auch der älteste Nachweis einer Brückenechse, die Wirtembergia hauboldae getauft wurde. Brückenechsen waren in der Trias-Zeit verbreiteter als heute und werden aufgrund ihrer kräftigen Bezahnung relativ häufig gefunden. 

Sues, H.D. and Schoch, R.R. 2023. The oldest known rhynchocephalian from the Middle Triassic of Germany and its phylogenetic position among Lepidosauromorpha. Anatomical Record, 10.1002/ar.25339

 

Ältester Salamander in Kirgisien entdeckt

Der Ursprung heutiger Amphibien wird noch immer kontrovers diskutiert. Das liegt unter anderem an dem sehr lückenhaften Fossilbericht der Salamander (Caudata). Nur selten blieben ihre grazilen Skelette in mesozoischen Gesteinen erhalten, der Zeitspanne, in der sie mutmaßlich entstanden sind. Ein neuer Fund aus Kirgisien brachte nun etwas Licht ins Dunkel. Zwei winzige Skelette konnten von Rainer Schoch, Ralf Werneburg und Sebastian Voigt als älteste Salamander der Welt identifiziert und beschrieben werden. Es handelt sich um Larven (wasserlebende Jungtiere), die in einem kirgisischen Gewässer vor etwa 230 Mio. Jahren lebten. Diese Art, Triassurus sixtelae, zeigt bereits wichtige Merkmale der Salamander im Schädel und den Extremitäten; die frühe Entstehungsgeschichte der Salamandermerkmale wird dadurch verständlicher. Zugleich bildet der Fund eine Brücke zu den ursprünglichen Amphibien der Perm- und Karbon-Zeit, denen Triassurus in einigen Merkmalen erstaunlich ähnlich ist. Jedenfalls lässt sich die Entstehung der Salamander nun um rund 70 Mio. Jahre weiter zurückdatieren als bislang möglich war.

Publikation: Schoch, R.R., Werneburg, R. & Voigt, S. 2020. A Triassic stem-salamander an the origin of salamanders. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 117: 11584-11588.

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